Design küsst Politik

Deutscher Designtag gibt den Startschuss zu einer Design Policy für Deutschland

Erstmalig präsentierte der Deutsche Designtag am Sonntag, den 7. Mai 2023 seinen Vorschlag einer Design Policy für Deutschland im Rahmen der Matinee »Design küsst Politik«. Damit schafft der Dachverband eine erste Grundlage für eine Vereinbarung zwischen Regierung, Wirtschaftsverbänden und der Designwirtschaft, um die Potenziale von Design für die gesellschaftliche Entwicklung und wirtschaftliche Prosperität umfassend zu nutzen. Mit diesem allerersten Entwurf lädt der Designtag die eigene wie andere Branchen zu einem konstruktiven Diskurs ein, um darauf aufbauend gemeinsam mit der Politik nachzuvollziehen, was in Ländern wie Irland, Finnland und der Schweiz längst üblich ist: ein gewinnbringender Umgang mit der Ressource Design.

So kann Design dabei behilflich sein, bestehende Regierungsziele nicht nur zu realisieren, sondern mit vereinten Fähigkeiten deutlich mehr zu erreichen. Darauf verwies der CEO von Good Design Australia, Brandon Gien, in seinem einführenden Vortrag im Rahmen der Podiumsveranstaltung in München. Nachweisbar lassen sich mit Hilfe von Designmethoden und -techniken bürokratische Prozesse genauso wie gesellschafts- und wirtschaftsrelevante Innovationen fundamental vorantreiben.

Entsprechend geht es in dem Vorschlag einer Design Policy des Designtags zentral auch um die Wirkungsmacht von Design, gerade in Zeiten des Wandels, um die ökonomischen und ökologischen Potenziale sowie deren demokratiefördernde Gestaltungskraft. »Deutschland muss«, so zitierte die Geschäftsführerin von bayern design, Nadine Vicentini in ihrer Präsentation aus dem Text, »ein Land werden, das beispielgebend zeigt, wie Design die Zukunftsfähigkeit und Lebensqualität der Menschen erhält, hebt und die Funktionalität sämtlicher Infrastrukturen sinnvoll weiterentwickelt.«

Der Präsident des Designtags, Boris Kochan, verwies in seinem Beitrag auf den Gap zwischen der längst vorhandenen strategisch angelegten Nutzung von Design sowohl im Mittelstand als auch bei Großunternehmen einerseits – und dem fehlenden Bewusstsein in der Politik andererseits:

»Design sitzt sowieso – und auch noch gerne! – zwischen allen Stühlen: Als Metadisziplin schaffen Gestalterinnen und Gestalter in allen Branchen und Institutionen Verständnis und Anwendbarkeit. Mit der Fähigkeit zur Visualisierung und umfangreicher methodischer Kompetenz sollte es baldmöglichst in Deutschland eine zwischen der Branche und der Regierung vereinbarte Strategie geben, wie Deutschland dem qualitativen Ruf ›Made in Germany‹ auch weiterhin gerecht wird.«

Das weit überwiegend positive Feedback spiegelte sich auch in der abschließenden Podiumsdiskussion wieder:

»Die BEDA begrüßt den vom Designtag in Angriff genommenen Prozess zur Formulierung einer Design Policy nachdrücklich – zumal andere Länder in Europa mit ähnlichen Aktivitäten schon nennenswerte gesellschaftliche Erfolge erzielt haben.« 

Regina Hanke, Delegierte des Designtags und Vorstandsmitglied der europäischen Designvereinigung BEDA


Auch der Präsident des Rats für Formgebung, Mike Richter, begrüßte die Initiative des Designtags für eine Design Policy für Deutschland. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die enge und rückblickend durchaus erfolgreiche Verflechtung von Design und Politik zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als prominentes Beispiel sei der Werkbund genannt. Auch hinter dem Bauhaus stand in seinen Anfängen ein politischer Leitgedanke. Das wurde später bei der Entstehung seiner eigenen Institution wieder sichtbar:

»Als der Rat für Formgebung vor nun mittlerweile 70 Jahren gegründet wurde, war das ein politischer Akt: Alle damals im Bundestag vertretenen Parteien haben Design als wesentlich für die Entwicklung der jungen Bundesrepublik angesehen – und die Gründung mit nur einer Gegenstimme verabschiedet. Es wird dringend Zeit, ein solches Verständnis wieder aufleben zu lassen!«

Zum Text: »Vorschlag einer Design Policy für Deutschland«

Zum Herunterladen: »Vorschlag einer Design Policy für Deutschland«